Sie kamen aus den Wäldern WA046

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4 Jahre 10 Monate her #7442 von Saphira
Sie kamen aus den Wäldern

Der Köhlerjunge kam den langen Weg vom Wald herunter gerannt. Asmold der Schmied stand im Eingang seiner Schmiede und er sah ihn wild mit den Armen winken. “Shirus, schau dir das mal an”, sprach er über die Schulter zu seinem Gesellen. “Ist das dort nicht der Junge von Eira, der Dorfvorsteherin bei den Köhlern oben bei den Schonungen, gleich hinter der Baumschule Richtung Harnrick, der Waldelfenstadt? Er ist so dürr, er sieht aus wie einer ihrer Jungen.”

Verschwitzt trat Shirus in das Licht und musste mit den Augen blinzeln. Die feurige Glut der Esse hatte seine Haut gerötet und Asche und Ruß hatten sich über die nackten Muskeln seines Oberkörpers zu bizarren Mustern geformt, wo der Schweiß in Mäandern in grauen Bächen über die Haut des zivilisierten Halbelfen gelaufen war. Er hob seine Hand an die Stirn, um gegen die untergehende Sonne besser sehen zu können. “Ja”, sprach er gedehnt zu seinem grauhaarigen Meister. “Das könnte Bashir sein, der Junge ist noch zu klein für seinen Bruder. Aber warum, so spät am Abend…” Die beiden Schmiede ließen ihre Augen über den Horizont schweifen.

“Ist dort nicht eine Rauchsäule?”, fragte Shirus nach einem Moment. Sie starrten. “Es könnten die Köhlerhütten sein”, versuchte sein Meister zu beschwichtigen, der in seiner ihm eigenen Ruhe immer das Beste erwartete und niemals voreilige Schlüsse zog. “Aber der Horizont brennt bereits rot”, gab sein Geselle zu bedenken. “Viel zu früh für den Sonnenuntergang. Die Sonnenscheibe berührt nicht einmal die Baumwipfel. Dennoch glüht es rot über dem Rauch, das ist…”

Der Meister wischte sich seine Hände ab. “Lauf, sag’ dem Vorsteher Bescheid. Schlag Alarm, schick’ einen der Jungs zu den umliegenden Höfen, sie sollen rasch ihre Pferde und Ochsen anspannen. Wir müssen vielleicht zur Rettung eilen. Wenn es ein Waldfeuer ist, müssen wir löschen helfen. Sorg’ für genügend Eimer.” Der Geselle nickte und rannte los.

Asmold stand noch, während hinter ihm im Dorf der Druide bereits die große Eisenstange schlug, die Alarm bedeutete. “Da soll mich doch…” Der Junge kam durch das Tor des kleinen Dorfes Ellin gerannt, er stolperte und Asmold fing ihn auf, als der schmächtige Junge stolperte und das Gleichgewicht verlor. “Sie haben…”, japste er. “Ruhig, Junge. Hier, erstmal ein Becher Wasser”, hielt er den vielleicht zehnjährigen Jungen mit struppigen braunen Haaren im Arm. Die Halbelfen von Ellin hatten die barbarischen Bräuche der Urzeiten hinter sich gelassen. Um sie her war Ackerland, kultivierter Wald. Asmold hatte Gerüchte gehört von Schwierigkeiten auf den Handelswegen, von Fürsten, die eigenmächtig unverschämte Wegzölle erhoben, die ausgeplünderten Dörfler und Städter von jenseits des Reiches, von einer Seuche erzählte man sich, aber Asmold hatte beschwichtigt und solange nichts feststand, solle keiner voreilige Schlüsse ziehen, immerhin war es Friede auf dem Land.

Solcherlei Dinge waren unmöglich. Als der Junge den Becher geleert hatte, füllte er ihn erneut. “Sprich”, forderte er den Jungen auf, “was ist geschehen?” “Sie…”, stammelte Bashir, “sie sind über uns hergefallen. Sie… sie kamen aus den Wäldern. Grimmig. Die Hütten haben sie… kamen blutig hervor, rot von Blut, ich habe meine Schwester schreien hören, Kaia, meine Schwester, sie hörte nicht auf zu schreien.” Er nahm noch einen Schluck aus dem Becher. “Ich bin gerannt, Mutter hat gerufen, ich solle rennen, solle Hilfe holen. Dann haben sie sie eingeholt, an den Haaren gezerrt. Gerannt!” Er stürzte den nächsten Becher hinunter. “Junge, wer denn, wer hat euch das angetan, Eira, deine Mutter, sie ist...?” Er begann zu schluchzen, heulte. “Sie kamen aus den Wäldern”, war alles, was er noch hervorbringen konnte.

Grimmig, grausam und dunkel. Es gab Geschichten von den Elfen jenseits des Waldes. Der Wald gehörte den Elfen, aber dieses Land war fruchtbar geworden durch ihrer Hände Kraft, nicht durch Blutopfer und dunkle Magie oder was die grausamen und so wunderschönen Elfen trieben. Jenseits. Jenseits dieser Baumgrenze, die hinaus führte in das Dunkel und Dickicht, Harnrick die erste Stadt der Waldelfen, aus dem die dunkle Wolke ging.

Schließlich erschlaffte der Junge völlig erschöpft, als der Rest des Dorfes gelaufen kam. Fragende Blick. Asmold erhob sich langsam. “Rasch”, befahl er. “Die Elfen kommen von Harnrick, sie brennen alles nieder, plündern und morden und schänden, was sie vorfinden. Bringt eure Wagen, eure Pferde, wir versuchen die Überlebenden einzusammeln und schaffen sie nach Rotfelsen. Die Überlebenden, in seinem Schutzturm sind wir sicher, hier nicht mehr. Ellin ist verloren, ein paar wehrlose Bauern und Händler, der Barde und ein paar Handwerker können das Dorf nicht halten gegen barbarische Krieger, die nach Blut trachten!”

Schockiert stand das Dorf versammelt um den Schmied und die junge Dorf-Druidin nahm sich des Jungen an, sie trug die Blumen im Haar und das weiße Gewand der heiligen Druiden. “Steht nicht herum! Sie haben Eira gefangen, draußen bei der Mühle, bei den Köhlern!”, schnauzte er, “sputet euch! Nehmt die Beine in die Hand, es geht um jede Minute. Und nehmt die Kinder mit, wir sind hier nicht sicher. Harnrick ist keine Tagesreise entfernt! In Rosenstein werde ich den Herren berichten, ich nehme den Jungen mit. Du”, zeigte er auf einen flachsblonden Bauersjungen, “reite, ich habe eine Jagdabteilung aus der Stadt gesehen, feine Herren kamen gestern hier hindurch. Reite und bitte um ihre Hilfe, berichte, was geschehen ist! Ich meine den Händlerfürsten Samael Finkelstein gesehen zu haben unter der Jagdgesellschaft, dort war sein Banner! Vielleicht haben seine Späher etwas gesehen? Die Arbeiter müssen gewarnt werden, die noch draußen bei den Sümpfen sind, wo wir sie trocken legen für neue Felder!”

Der dicke Wirt, der dickste Halbelf, den Asmold kannte, starrte wie angeschlagen. “Sie haben den Frieden gebrochen, nur einen Tagesritt von Rosenstein entfernt”, stammelte er entsetzt. “Oh! Bei den Geistern der Natur! Ich habe einen Bierkarren im Hof hinter der Schenke”, rief er seiner Tochter zu, “mach Hashuf, den Schleswiger fertig und spann ihn an! Rasch, rasch! Warum nur?! Wir sind verloren!”

Es dauerte einen Moment, dann brach der Damm des schockierten Schweigens und ein wildes Geschnatter und kreuz und quer laufende Dörfler, die kopflos nach ihren Töchtern oder Söhnen riefen, Männer, die ihre Frauen in Sicherheit brachten, Bauern, die ihren Knechten und Mägden Befehle gaben, Pferde, Ochsen und Esel. Das Dorf war nicht reich, alles was man hatte, hatten sie sich mit den Händen vom Boden abgekämpft.

Die Elfen kamen. Und sie kannten keine Gnade. Eira, die Halfelfe, die Patin seines Neffen Kosik war, der gerade seine ersten Schritte tat.

Der blutige Westhimmel über den Wäldern war durchzogen von den brennenden Säulen der elfischen Mordbrenner von jenseits des Waldes. Jeder packte das Nötigste, nur die Alten beharrten darauf, da zu bleiben, sie wollten nicht aufgeben, für was sie ihr Leben lang geschuftet hatten. Lieber wollten sie sterben.

Auf ihrem eigenen Land. Nicht fern von zu Haus. Ein Mädchen rannte mit einem Eimer in jeder Hand an Asmold vorrüber, er hielt das Mädchen mit rehbraunen Augen am Arm. “Akelei! Akelei!”, rief er seine Tochter an, die in ihrer Angst ihren Vater nicht erkannt hatte. “Akelei! Zum Wagen! Zum Wagen!”, zeigte er.

Der Westwind blies nun den Geruch von Brand über die Felder. Und es roch nach geröstetem Fleisch. Asmold nahm seine Tochter in den Arm, “los! Wir müssen nach Rotfelsen!”

Eine Stunde später waren nur noch ein paar Hunde und Katzen in dem Dorf und als die Sonne unterging wurde es totenstill. Es roch nach verbranntem Fleisch. Die Elfen kamen und sie ließen nichts stehen. Und viele der verzweifelten Flüchtlinge verschluckte die Nacht, ein heimtückischer Pfeil aus der Dunkelheit, edel geschnittene Gesichter mit grimmigen Zügen voller Selbstgerechtigkeit und sicherer Überlegenheit, ein sirrender, blutiger Rundschlag einer schlanken Elfenklinge. Das war das Letzte, was sie sahen. Es war auch das Letzte was man von ihnen hörte. Viele starben in dieser Nacht.

Und die Namen der Mörder waren nun bekannt. Späher hatten sie erkannt: der eine war ein finsterer Dunkelelf mit dem Namen Theophile Gaultier, ein hochnäsiger Adeliger mit einem grausamen Zug um seinen Mundwinkel und eisigem Blick, der erbarmungslos die Opfer brachte, die seine barbarische Kultur von ihm forderte, so sinister, dass selbst die Seinen ihn fürchteten, selbst die Elfen der Gegend nannten ihn den “Roten Dornenprinz” wegen seiner blutigen Grausamkeit und der Schönheit einer wilden Blutrose aus den Elfenlanden. Und sein waldelfischer Begleiter Janmond, der für die Heimtücke seiner Pfeile bekannt war, die wie magisch durch Elfenhand immer ihr Ziel fanden.

Sie waren die Köpfe der Bande von Schändern und Mordbrennern, die im Namen der alten Blutgötter ihre Waffen sprechen ließen.

Eira die Königin der Köhler. Die Mutter der Mägde, die Wahrerin der Wiegen. Die Dorfvorsteherin von Ellin war in ihren Händen und nur die Geister der Natur möchten wissen, wie es ihr ergehen mochte.

Das Land der Freien, der Händler und Handwerker, der Bauern und Blumenzüchter, der Köhler und Kämmerer brannte nun. Die Zeit des Wohlstands, der Hoffnung, der sicheren Straßen und Wege war beendet. Durch die von Wildheit und barbarischer Mordlust der schrecklich schönen, wilden, blutgierigen und hochmütigen Elfenvölker aus den Wäldern. Die sich bislang allen Verhandlungen entzogen hatten, die Wertlosigkeit der Menschen und der besudelten Mischblüter einem Gespräch nicht würdig. Die finsteren Dunkelelfen und die grausamen Waldelfen, die nur ein Recht kannten: das Naturrecht, das Recht des Stärkeren. Und die nur ein Gesetz kannten; das ihrer geschwungenen Schwertschneide, die dafür gebaut war, tief in ungerüstetes Fleisch zu schneiden und dem dunklen Schatten am Himmel von tausenden Pfeilen, die das Licht der Sonne verdunkelten oder aus dem Hinterhalt in den Rücken trafen; den Duft der blühenden Felder verachtend und mit Ignoranz die Kunst und Hingabe straften, die zu dieser reifen Frucht geführt hatte. Wohl sich aber bedienten an der Frucht, die sich nahmen, ohne dafür zu arbeiten oder zu zahlen. Die Elfen, denen alles gehörte, wie sie sagten, weil sie das älteste der Völker wären, das Alte Volk, das Dunkle Volk. Und deswegen baten sie nicht sondern nahmen es einfach, wenn möglich mit Gewalt. Denn die Gewalt war ihr Geburtsrecht.

Der Rest kniete oder starb. Das waren die Elfen. Wie nur konnte die blanke Grausamkeit so schön sein? So schön wie eine blutige Klinge?

Ja, sie waren schön. Aber sie waren grausam und kannten keine Gnade, genauso wenig wie die Natur selbst Gnade kannte; Elfenkultur war die Abwesenheit der Werte, die die menschlichen Siedlungen zusammen hielten, Elfen kannten keine Regeln, kein geschriebenes Gesetz. Ihre Götter verlangten Bäder von Blut und Opferberge, Erbarmungslosigkeit und die Vernichtung von allem, was zivilisierte Hände erbaut und kultiviert hatten und sie gaben ihnen das Recht des Überlegenen, durchzogen mit düsterer, unnatürlicher Magie und jede formende, veredelnde Hand an der Natur sühnten sie mit dem Tod, kein Feuer in der Esse, kein Pflug in der Scholle, keine Axt an der Rinde nur die gequälten Schreie ihrer Gefangenen, deren Seelenenergie sie in dunklen Ritualen entzogen und in kalten Seelenstahl gossen, der nie eine natürliche Flamme gesehen hatte und getrieben wurde im glühenden Leid ihrer sterbenden Opfer. Viele Elfenschwerter trugen den Geschichten nach die Namen derjenigen, die für sie ihr Leben lassen mussten im düsteren Seelenritual. Sie waren eine Naturkraft und jede Kulturnation fürchtete sie, die schwachen und wehrlosen waren Beute oder grausige Trophäen, im besten Falle minderwertige Sklavenrassen, die man benutzte, bis sie verbraucht waren oder zu alt oder man sie zur grausigen Jagd als Wild benutzte.

Und wer konnte, flüchtete. Wer nicht flüchtete, starb oder kämpfte bis zum letzten Atemzug.

Sie standen für die Welt aus Herren und Sklaven. Ohne jede Freiheit dazwischen.

Wer mochte sich zwischen sie und den Schutz der Völker Anjoras stellen?
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4 Jahre 10 Monate her #7443 von Balifar
Super geschrieben!
Bitte mehr davon!!!!!

Gruß,
Alex
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4 Jahre 10 Monate her #7445 von Iljiijli
Es war ein etwas trüber Tag als die beiden Elfenkundschafter ihr Lager aufschlagen konnten. Seit Wochen verfolgten sie nun schon dieses Heer von Menschen. Seit dem Tag als sie das erste Dorf ihrer Brüder niedergemetzelt und die Frauen, Kinder und die alten aus ihren schützenden Wäldern gezerrt haben um sie aus ihrer Heimat zu verschleppen. Waldelfen, Dunkelelfen... es war ihnen egal, sie mordeten und plünderten ohne Rücksicht und ohne Scham. Und Abends am Lagerfeuer lachten sie über die Gefangenen, verspotteten sie und führten sie vor sie Tiere. Nein, schlechter als Tiere, denn denen gaben sie wenigstens saubere Nahrung und nicht den Abfall, der von den Hunden übrig gelassen wurde.

Aber es herrschte kein Friede zwischen den Völkern und Übergriffe waren zu erwarten gewesen.

Die beiden Kundschafter unterhielten sich leise, während sie beobachteten, als der dritte im Bunde wieder zu ihnen stoß.

"Stellt euch vor, diese Menschen und ihre Misgeburten rauben, morden bei unseren Brüdern und jetzt, wo wir uns wehren, jammern und winseln sie wie geschlagene Hunde."
"Keine Ehre, kein Rückgrat, keinen Stolz!" erwidert der eine, "Schwach und feige." Der dritte.

Einige Zeit herrschte Stille zwischen den dreien. Plötzlich sagte einer, "kennt ihr den neuesten Witz aus Namera?"
Die beiden anderen sahen ihn erwartungsvoll an.

"Sagt ein Mensch die Wahrheit..."

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4 Jahre 10 Monate her #7446 von sheridan
Langsam ging die Sonne unter und im Osten sah man den schwachen Schein einiger Feuer im Wald. Das Fernrohr bestätigte was Sheridan durch Magie und Späher schon wusste. Jevtroria brannte und Delbian der Dunkelelf suchte alleine in den Ruinen nach Überlebenden. Er würde keine finden.
Die Feuer von Darkas waren erloschen und nur noch ein wenig Rauch stieg aus den Ruinen der einst stolzen Waldelfen NL auf.
Das also konnte man von den netten Händlern aus Rosenstein erwarten. Tod und Verschleppung. Auch wenn viele die netten Geschichten der menschlichen Händler glaubten, er kannte die dämonische Fratze die hinter der Maske des Gauklers. Da war ihm jeder grimmige Zwerg oder die offene Gefahr des Madenwaldes lieber als die Verschlagenheit die sich so geschickt hinter der Maske verbarg.
Er ging zurück in die Ratshalle und winkte seinem Verwalter zu.
„Ja, Herr?“ – „Ist der Falke aus Namera schon eingetroffen?“ – „Leider nein, Herr“. Er nahm am Tisch des Rates Platz und sagte: „Na dann wollen wir eine Nachricht an den Herrn von Rosenstein schicken“. „Ich rufe euren Schreiber“. „Den werden wir nicht benötigen. Theophile ist schon unterwegs.“
Mit etwas unsicher Stimme wagte der Verwalter einzuwerfen: „Ohne den Falken abzuwarten“. In diesem Moment betrat der Falkner den Saal und überreichte dem Verwalter ein Rolle mit dem Siegel des Walfürsten. Als der Verwalter das Siegel brach war die erste Magische Entladung aus der Gegend von Ellin zu hören. „Ein Auge um ein Auge und ein Leben für ein Leben. Wer den Wald ohne unsere Genehmigung betritt soll nirgends sicher sein.“ Sagte Sheridan und der alte Verwalter las die Worte in der Depesche mit. Wie immer kannte sein Herr die Nachricht bevor sie eintraf.

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4 Jahre 10 Monate her - 4 Jahre 10 Monate her #7447 von Saphira
Anjora 02: Samaels Feldlager
Erste Szene von “Elfen lügen nicht”

BAUER, ein Bauer aus der Gegend, er macht einen abgerissenen Eindruck.
BAUERNSOHN, sein Sohn, keine vierzehn und hager wie ein Hungerhaken, doch beide braungegerbt durch harte Feldarbeit.

Vor dem Wehrdorf Rotfelsen in den Grünlanden.

Marketenderzelte, davor eine Kram- und Trödelbude, Soldaten von allen Farben und Feldzeichen drängen sich durcheinander, alle Tische sind besetzt, Menschen und Halbelfen kochen an den Kohlefeuern, eine Marketenderin schenkt Wein aus, Soldatenjungen würfeln auf einer Trommel, im Zelt wird gesungen.

Der Himmel hatte sich pittoresk rot gefärbt durch die Rauchpartikel brennender Felder im Westen, die Moore schützten im Westen vor den vordringenden Elfenfreischärlern und berittenen Scharmützlern, den gefürchteten waldelfischen berittenen Barbarenstämmen und hinterhältigen Spähern mit den berüchtigten, geschwungenen Kurzbögen. Der Wehrturm, der hinter dem Wehrdorf Rotfelsen durch einen Wassergraben geschützt und nur durch eine schmale Brücke zu betreten war, ragte hoch und weiß getüncht in die Höhe. Der viereckige Wehrturm wurde auf der künstlichen Insel von einem dicht gedrängten Dorf umlagert, das seinerseits von weiß getünchten Palisadenwänden und einem weiteren Graben gesichert war. Ein Falkner hatte mehrere Falken in die Höhe geschickt, die von einem druidischen Seher für die Luftaufklärung der Gegend genutzt wurde. Der junge Seher saß unansprechbar mit ins weiße verdrehten Augen im Eingang eines Zeltes und wurde von allen ignoriert wie eine Selbstverständlichkeit, ein Junge, der seine Pflicht tat und Wache hielt. Magie war den freien Händlern der Grünlande nicht unbekannt, aber sie war für sie mehr ein nützliches Extra, das die Dinge erledigte, die durch harte Arbeit und der erlernten Baukunst aus Schriften in der großen Bibliothek nicht möglich war und war einer der Gründe, warum die Halbelfen sich als nützliche kulturelle Bereicherung der Menschensiedlungen bewährt hatten und freundlich integriert worden waren und sich in diesen Bereichen eine so fruchtbare und blühende Kooperation entwickelt hatte.

Die hohe Baukunst der Menschen hatten den Wehrturm schwer zu bezwingen werden lassen, mit Maschikuli, die den Bogenschützen der Verteidiger ermöglichte nicht nur durch die Pfeilschlitze zu schießen, sondern auch nach unten zum Fuß des Wehrturms und zur Not Pech und Schwefelgifte auf die Angreifer zu schütten. Es waren so nur wenige Verteidiger zu sehen, die sich alle hinter den schützenden Zinnen hielten und von dort ebenfalls Aussschau hielten, während die meisten der bunt zusammen gewürfelten Schutztruppe außerhalb des Dorfes lagerten.

Ein Bauer und sein Sohn näherten sich dem Lager.


BAUERNKNABE.

Vater, das wird nicht gut verlaufen,
bleiben wir fern von dem Soldatenhaufen.
Sind uns gar trotz’ge Kameraden;
Wenn sie uns nur nichts am Leibe schaden.

BAUER.

Ei was! Sie werden uns nicht fressen,
treiben sie’s auch schon vermessen.
Siehst du? sind neue Völker angekommen,
bis aus Maraa hab’ ich vernommen,
und aus dem Norden selbst aus Mukarin,
bis in den Süden wie mir schien,
siehst du das Banner aus Cemtoria Bay?
Als der Handelsfürst sie rief, hey, hey,
sie kamen heran in großen Scharen,
um des Königs Fried’ zu wahren,
gegen der Elfen Kriegeslust.
Und wenn sie lagern in den Feldern,
und sie sich nähren an uns’ren Kälbern,
wären wir Narren, uns nicht mit Löffeln,
zurückzuholen was sie von uns schöffeln,
so ist der Händerfürsten Brauch,
ich gebe dir das deine, doch ich nehme auch
das meine, wenn der Magen knurrt,
hier ist des Flusses Furt,
wohlan, das Zelt dort sei uns offen,
lass uns auf trunkene Gesellen hoffen,
sind wir pfiffig und treibens fein,
wird der Sold im Beutel unser sein.

Im Zelt wird gesungen und gejubelt.

Wie sie juchzen - der Gaukler Term!
Alles geht von des Bauern Felle.
Doch besser hab’ ich diesen Schwarm
in unsren Betten und in den Ställen,
als den roten Hahn der Elfen,
kräht von Feldern und von Dächern,
würd’ uns kein Beten helfen,
gäbs kein Halten vor Töchter G’mächern.


Bei den Zelten

Vorige,
WACHTMEISTER, ein mittelalter Mensch mit ausdrucksvollem, dunklem Entenschwanz-Bart, in der schnittigen blauen Uniform der Grünlande, die oberen Knöpfe offen, das Koppel leger gelockert auf der Hüfte getragen.
TROMPETER, ein sehr junger Mann mit blondem Haar dessen Soul Patch in einem kargen jünglichen Flaum in seinem hageren, spitzen Gesicht eher verloren geht und auf späteren richtigen Bartwuchs hoffen läßt. Die Trompete lässig über einen Riemen an der Seite getragen, den Kolpak aus Bärenfell hat er achtsam beiseite gestellt, der ihn als Husaren zeichnet, ebenso sein Säbel sehr lässig an der Hüfte, eine Dirne aus der Etappe saß ihm lasziv auf dem Schoß, den Busen blank.
ULAN, seine Reiterlanze lehnt am Zelte, die fesche Uniform ganz offen, die schützende Weste aufgeknöpft, zwei Dirnen in den Armen ihn flankierend, die ihn mit prallen Trauben füttern, auch sein Säbel gelockert an der Hüfte, ein Unterführer des Handelsfürsten Aufklärungsregiments, ein prachtvoll gezwirbelter Kaiserbart schmückt ihn stolz unter seiner großen, roten Nase.

TROMPETER.

Was will der Bauer da? Fort, Halunk!

BAUER.

Gnädige Herren, einen Bissen und Trunk,
haben heut noch nichts warmes gegessen.

TROMPETER.

Ei, das muss immer saufen und fressen.

ULAN mit einem Glase.

Nichts gefrühstückt? Da trink, du Hund!
Führt den Bauer nach dem Zelte; jene kommen vorwärts.

WACHTMEISTER zum Trompeter.

Meinst du, man hab’ uns ohne Grund
heute die doppelte Löhnung gegeben,
nur dass wir flott und lustig leben?

TROMPETER.

Die Herrin Ruth kommt ja heute herein,
mit dem königlichen Fräulein –

WACHTMEISTER.

Das ist nur der Schein.
Die Truppen, die aus fremden Landen
sich hier vor Rotfels zusammen fanden,
die sollen wir gleich an uns locken.
Mit gutem Schluck und guten Brocken,
damit sie sich gleich zufriden finden
und fester sich mit uns verbinden.

TROMPETER.

Ja, es ist wieder was im Werke!

WACHTMEISTER.

Die Herrn Generäle und Kommendanten –

TROMPETER.

Es ist gar nicht geheuer, wie ich merke.

WACHTMEISTER.

Die sich so dick hier zusammen fanden –

TROMPETER.

Sind nicht für die Langweil herbemüht.

WACHTMEISTER.

Und das Gemunkel, und das Geschicke –

TROMPETER.

Ja! Ja!

WACHTMEISTER.

Und von Rosenstein, mit arkan Geschmücke,
die man seit gestern herumgehn sieht,
mit der guldenen Zauberkette,
hat was zu bedeuten, ich wette.

TROMPETER.

Ich hörte von erblindenden Augen,
als Folge finst’rer Elfenmagie,
die sich leihen durch fremde Augen zu schauen,
doch zurück geben sie nimmer und nie.

ALLE, flüsternd.

Doch zurück geben sie nimmer und nie?

WACHTMEISTER.
Lacht und klapst einer Dirne auf den Backen.

Der Märchen deiner Amme nicht trauen,
vorwärts sollten besser wir schauen,
dem gottlosen Elend der Wälder,
brandschatzend Häuser und Felder!

ULAN

Den geschmiedeten Stahl an die Kehle,
auf die Spitze der Lanze sie pfähle,
im Lichte der Wiesen und Rodung,
ist ihr Tod die sich’re Belohnung,
für jene die den Geistern verzagen,
die die Götter verneinen, versagen,
sich selbst zu Göttern ernennen,
und kein gleichwert’ges Volk anerkennen,
Jenen trutzen die Speere und Schwerter,
unserer Söhne, und die unserer Väter,
und wir in der Mitte der Schlachten,
Hurrah! Können den Tod nur verachten.

ALLE ZUSAMMEN.

Hurrah! Können den Tod nur verachten!


Man trinkt zusammen und die Dirnen kichern, lachen, von innen löst jemand die Schnüre des Zeltes, dessen Planen zufallen und die folgende Szene nur im Schattenspiel an der Leinwand des Zeltes erahnen läßt.
Letzte Änderung: 4 Jahre 10 Monate her von Saphira.

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